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Bob Dylan’s Greatest Hits (1980)

AMIGA 855680
CBS  S 62 694
(je 1 Exemplar – eigene Sammlung)

Covertext

Seit den fünfziger Jahren kam es in den USA zu einem verstärkten Besinnen auf Traditionen der Volksmusik, als Reaktion auf komplexe gesellschaftliche Zustände. Unzufriedenheit mit Tendenzen einer umfassenden Entfremdung der Menschen voneinander im Amerika der McCarthy-Ära war es, die zunächst vorwiegend junge Intellektuelle zu einer bewußten Hinwendung zu aktiven, kommunikativen und im weitesten Sinne des Wortes demokratischen Musizierformen bewog. Neben Gruppen, die sich vorwiegend um eine Wiederaufbereitung traditioneller Volkslieder bemühten (wie z.B. das Kingston Trio oder – zumindest anfänglich – Peter, Paul & Mary) gab es Künstler, die ausgehend von dieser Basis auch verstärkt Haltungen zu aktuellen Themen artikulierten: Pete Seeger, Buffy Saint-Marie, Phil Ochs, Tom Paxton u.v.a. Zu ihnen gesellte sich Anfang der sechziger Jahre der junge, 1941 in Duluth, Minnesota, geborene Robert Zimmerman. Unter dem Namen Bob Dylan, den er sich aus Verehrung für den walisischen Dichter Dylan Thomas zulegte, wurde er nach seinem ersten großen Erfolg BLOWIN‘ IN THE WIND sehr bald zum führenden Exponenten dessen, was fortan unter der recht emotional geladenen und nicht zuletzt deshalb gelegentlich irreführenden Bezeichnung „Protestsong“ firmierte.

Gewiß, in vielen Liedern, bei vielen Interpreten, die unter diesem Genre zusammengefaßt wurden, gab es klare, eindeutige Haltungen, die den Protest der jungen amerikanischen Generation gegen die damals beginnende Eskalation des Vietnamkrieges, gegen die fortgesetzten Praktiken der Rassendiskriminierung und gegen die Entfremdung des Menschen in der amerikanischen Gesellschaft ausdrückten, oder auch einfach hergebrachte Themen mit einer Aufrichtigkeit besangen, die eine Alternative zu veralteten und vermarkteten Klischees darstellte. Aber es gab eben auch viele, die mit kommerziell aufgezäumten pseudo-revolutionären Schlagworten, unverbindlichen pazifistischen Beschwörungsformeln und teils banalen, teils raffinierten Gefühlsduseleien auf dieser „Welle“ mitschwammen. In dem Vorwort zu BOB DYLAN‘S BLUES (auf der vorliegenden Platte zu hören) bemerkt er voller Sarkasmus: „Im Gegensatz zu den meisten Liedern heutzutage, die in der Stadt der Tin Pan Alley (d.i. das symbolische Zentrum der kommerziellen amerikanischen Unterhaltungsmusikindustrie) geschrieben werden – daher stammen ja heute die meisten Folksongs – wurde dieses Lied hier irgendwo draußen in den USA geschrieben.“

Und an diesem Ausspruch ist etwas, was bei allen Schwankungen und Widersprüchen in Dylans Werdegang bis zum heutigen Tag Gültigkeit behalten hat – Bob Dylans Echtheit. Bei ihm hat es eigentlich nie etwas Nachgemachtes gegeben, keine Kopie und schon gar keine Plagiate. Auch wenn er vorhandene musikalische Stilmittel der Folklore, der Country-Music oder des Rock’n‘Roll verwendete, war das immer ein Prozeß des Nachvollziehens, des Absorbierens, des Verschmelzens dieses Materials mit der eigenen unverkennbaren Persönlichkeit, die durch ihre Glaubwürdigkeit, durch das frühzeitige Erkennen und teilweise auch Initiieren neuer musikalischer und konzeptioneller Trends der Entwicklung der gesamten Rock Musik in den letzten zehn Jahren Impulse gegeben hat wie kaum ein zweiter, nicht zuletzt eben durch seine Lieder, die von einer Vielzahl von Künstlern der unterschiedlichsten Richtungen interpretiert worden sind, wie von Joan Baez, Pete Seeger, den Byrds, George Harrison, Johnny Cash, Manfred Mann, Jimi Hendrix und vielen anderen.

Dylans Texte sind sehr wichtig beim Versuch, seine Lieder zu verstehen. In ihrer Einheit mit der Musik geben sie auch Auskunft über seinen Standpunkt und dokumentieren seine Entwicklung. Da stehen am Anfang die klaren Texte, eindeutige Aussagen zu politischen und gesellschaftlichen Ereignissen der Zeit in kommentierenden Gleichnissen (z.B. BLOWIN‘ IN THE WIND, THE TIMES THEY ARE A-CHANGIN‘, SUBTERRANEAN HOMESICK BLUES usw.) oder reportagehafter Balladenform, da gibt es die warmen, einfühlsamen oder trotzigen, meist etwas bitteren Liebeslieder (DON’T THINK TWICE, IT’S ALL RIGHT, IT AIN’T ME BABE, IT’S ALL OVER NOW, BABY BLUE, QUEEN JANE APPROXIMATELY und im weiteren Sinne auch LIKE A ROLLING STONE), die kleinen skurrilen Lebensweisheiten (BOB DYLAN’S BLUES), in all denen er mit großem Gespür und mit Treffsicherheit die Stimmungen und Haltungen einer jungen Generation artikulierte, die gleich ihm einen Ausweg aus dem für sie bedrückend gewordenen Lebensstil der amerikanischen Gesellschaft suchte.

In der Folgezeit gewannen Dylans Texte zwar immer mehr an sprachlicher Subtilität und Perfektion, verloren dabei jedoch an Klarheit. Dylans Entwicklung ging mehr und mehr weg von der informativen – und verbindenden – Wiedergabe gemeinschaftlich gewonnener Erkenntnisse hin zu einer subjektiven Entäußerung von Maximen, Gedanken und Anschauungen, die nur mehr aus seinen oft schon isoliert erscheinenden persönlichen Empfindungen resultierten. An die Stelle der klaren Aussage einer in einer Gemeinschaft stehenden und für eine Gemeinschaft sprechenden Persönlichkeit traten perfekt gemachte individualistische Stimmungsbilder, die das ohnehin recht ungenaue Image des Protestsängers ad absurdum führten.

In den letzten Jahren ist Dylan weiterhin produktiv geblieben. Von ihm stammen inzwischen mehr als 20 Langspielplatten. Er hat zwei Bücher herausgegeben. Er schrieb die Musik zu einem Westernfilm, in dem er auch in einer Nebenrolle mitwirkte. Er hat seine musikalischen Stilmittel zu einer Einfachheit perfektioniert, die in ihrer Ausstrahlung bestechend ist. Und er ist widersprüchlich geblieben.
Die vorliegende Platte enthält Lieder aus den Jahren 1963 bis 1965. Sie zeigt einen Bob Dylan, der der volkstümliche und intelligente Musikant ist, ein bißchen Rebell, aber auch ein bißchen Gaukler – wie sein MR. TAMBOURINE MAN.

Manfred Wagenbreth (1980)

Titelliste

A1 – Blowin‘ In The Wind  – 2:46

A2 – Don’t Think Twice, It’s All Right – 3:37

A3 – Queen Jane Approximately – 4:57

A4 – Maggie’s Farm – 3:51

A5 – Mr. Tambourine Man – 5:25

A6 – Bob Dylan’s Blues – 2:19

B1 – The Time They Are A-Changin’ – 3:12

B2 – It Ain’t Me Babe – 3:30

B3 – Subterranean Homesick  Blues – 2:17

B4 – It’s All Over Now, Baby Blues – 4:13

B5 – Like A Rolling Stone – 5:59

B6 – Highway 61 Revisited – 3:24

Kompositionen und Texte: Bob Dylan

Übernahme von
CBS Records International,
Frankfurt am Main/BRD

VEB DEUTSCHE SCHALLPLATTEN BERLIN DDR
Made in German Democratic Republic

Gestaltung: CBS
Typographie: Gerd Semder
Lithografie und Druck: VEB Gotha-Druck

Ag 511/1/79   Verpackung nach TGL 10609

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