oder: Was Du schon immer über AMIGA-Lizenz-Schallplatten wissen wolltest.

Madonna (1987)

AMIGA 856288
(1 Exemplar – eigene Sammlung)

Covertext

Von allen amerikanischen Pop-Ladies, die in den letzten Jahren zur Spitze durchbrachen, spielt auf der Klaviatur der öffentlichen Aufmerksamkeit keine besser als Madonna und zugegebenermaßen nicht ohne Keßheit. Wieso ihr das so perfekt und charmant ausläuft, läßt sich aber nicht von daher erklären oder darauf reduzieren. Vielmehr beruht das auf der Ausstrahlung ihrer Persönlichkeit. Unbestritten vermag Madonna ihre Mitmenschen in Erregung zu versetzen und in folgsame Fans zu verzaubern.

Als sie am 16. August 1960 M Detroit geboren wurde, ihr Vater war bei den Chrysler-Autowerken beschäftigt, sprach noch alles dafür, daß ihre schönen Gaben dereinst auf Küche, Kammer und Kirche beschränkt bleiben würden. Madonna Louise Ciccone entstammte einem streng katholischen italienischen Elternhaus und mußte zuerst auch auf eine von Ordensschwestern regierte Schule. Doch als die Mutter früh verstarb, begann Madonna mehr und mehr Abneigung gegen Unterordnung und Hingabe an andre Götter zu empfinden, und der Drang, sich selbst im Mittelpunkt von Anbetung und Begeisterung zu sehen, wuchs in umgekehrtem Verhältnis zur Körpergröße. Schließlich gestatte der Vater, inzwischen wieder verehelicht, ihr den Besuch einer öffentlichen High School und sogar Ballettunterricht. Mit 17 haute sie nach New York ab, ohne zu wissen, wovon sie leben sollte, Also lebte sie mit jemandem zusammen. Das wäre unerheblich, weil alltäglich. Doch wählte Madonna ihre Freunde mit Bedacht. Außer mit ihr befreundet, waren sie mit der Rock-Szene verheiratet, und von jedem lernte sie ein Stück musikalisches Handwerkszeug, etwas Gitarre, etwas Schlagzeug, Songs zu schreiben. Singen brachte sie sich bei, indem sie Platten nachsang. Sie nahm ein Demo auf, ihr Freund, Disc-Jockey in einer sogenannten Danceteria, testete den ersten Madonna-Titel. Er gefiel, nicht zuletzt dank Madonnas provokantem Gebaren und wilden Verkleidungen als eine Mischung aus Sex-Kätzchen und paradiesvogelbunter Schlampe. Sire Records, ein Sub-Label von Warner Brothers, schloß mit ihr einen Vertrag über drei Dance-Maxis ab. Nachdem Eyerybody und Burning Up ihre Feuerprobe in den Tanzschuppen bestanden hatten, kam das Debüt-Album an die Reihe. Holiday gelangte in die Top 20, der Konzern hatte zwecks Erzielung des fälligen Sommerhits die große Werbetrommel gerührt. Zu Borderline war dann der erste Video-Clip fällig und Madonna damit in dem Element, das viele für das ihr angemessenste und für sie vielversprechendste halten: die Selbstdarstellung.

So erzählt, macht Madonnas Biografie gewiß den unbändigen Ehrgeiz deutlich, der in ihr rumort, nicht aber, daß dieser Ehrgeiz zutiefst künstlerischer Natur ist. Doch ließen die Beweise nicht lange auf sich warten. Die LP LIKE A VIRGIN erschien und wurde 1985 das nach Springsteens BORN IN THE USA bestverkaufte Album, der Titelsong mit der im zuständigen Milieu etwas deplazierten, nichtsdestotrotz packenden Schlagzeile Madonnas erster Top-Hit, obwohl ursprünglich gar nicht für sie geschrieben. Nicht viel schlechter plazierten sich Material Girl, In The Groove sowie Crazy For You aus dem Zelluloidstreifen Vision Quest. Inzwischen hatte sich Madonna fest mit der Filmbranche verbunden, über Ehemann Sean Penn, und mit einer Hauptrolle in Desperately Seeking Susan eine überzeugende Probe darstellerischen Könnens vorgelegt. Über naiv-laszive Schaustellerei, ja selbst über veräußerlichte Marilyn Monroe-Kopien ging das weit hinaus.

Was die Sängerin (eigner und weniger fremder) Lieder betraf, so verhielten sich bei LIKE A VIRGIN die in Kunstdingen besonders pussligen Kritiker noch abwartend. Das hatte aber weniger mit Madonnas Leistung zu tun, die neben einigen sympathischen Resten an Baby-Talk schon erstaunlich sichere und höchst flexible sängerische Linien herauszuholen verstand, ja nicht einmal mit der Griffigkeit der Lieder, sondern mit dem Genre überhaupt. Die Songs verleugneten nicht, die Tanzlust bedienen zu wollen.

Zwei Jahre später erscheint die LP TRUE BLUE und bezeugt bemerkenswerte Fortschritte. Von der Sängerin waren sie gewiß zu erwarten. So sind es vor allem die Songs, die zeigen, wie sehr sich Madonna in die Vertiefung ihrer künstlerischen Konzeption hineinkniet. Wie selbst ihre wichtigsten und kreativsten Zuarbeiter Pat Leonard und Stephen Bray (Drums, Keyboards, Co-Produktion) neidlos einräumen, fühlt sie sich bis in die instrumentalen Details dafür verantwortlich und weiß in harter Tag- und Nachtarbeit durchzusetzen, was sie will. Zweifellos noch immer eine sehr draufgängerisch-direkte, sehr junge und unverstellte, sehr körperbetonte Musik, mit auftrumpfender Kraft, bis in die wuchtigen Baßlinien, aber auch mit sehnsuchtsgeladener Romantik aus Orgelklang und Glockenschwang. Doch will Madonna inzwischen mehr. Sie will eine Pop-Musik machen, die eine Gleichung aus Lebensgefühlen und sozial verständlichen Mitteilungen über sie herstellt. Nicht zuletzt in den Texten, obwohl sie ganz und gar nicht abgehoben sind, sondern von großer Frische und Natürlichkeit, Keßheit, ja manchmal brutaler Offenheit und doch zugleich schmerzlicher Melancholie. Außer sich von Madonnas Musik mitreißen zu lassen, lohnt es sich also auch, ihr genau zuzuhören. Vielleicht beim dritten oder vierten Mal, dichter Sound und souveräner Gesang halten das völlig aus. Dann aber werden aus Popchart-Schlagzeilen wie Papa Don’t Preach oder True Blue, Live To Tell oder Love Makes The World Go Round, White Heat oder Jimmy Jimmy Dramen des wirklichen Lebens.

Wolfgang Tilgner (1987)

Titelliste

A1 – Papa Don’t Preach – 4:27
(Elliot/Madonna)

A2 – Open Your Heart – 4:10
(Madonna/Cole/Ralfelson)

A3 – White Heat – 4:38
(Madonna/Leonard)

A4 – Live To Tell – 5:48
(Madonna/Leonard)

B1 – Where’s The Party – 4:19
(Madonna/Bray/Leonard)

B2 – True Blue – 4:16
(Madonna/Bray)

B3 – La Isla Bonita – 4:01
(Madonna/Leonard/Gaitsch)

B4 – Jimmy Jimmy – 3:54
(Madonna/Bray)

B5 – Love Makes The World Go Round – 4:31
(Madonna/Leonard)

Übernahme von WEA Musik GmbH, Hamburg/BRD –
Originalaufnahme Sire Records Company, USA (P) 1986

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